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LICHTDRUCK (auch Phototypie, Collotypie, Albertotypie) 

Der Lichtdruck hat sich parallel mit der Fotografie entwickelt und war eine erste Methode, um Fotografien zu vervielfältigen und originalgetreu abzudrucken. Diese Drucktechnik war das erste Druckverfahren, das industriell genutzt werden konnte.
 
Der Lichtdruck ist ein Flachdruckverfahren. Dabei wird von belichteter Gelatineschicht in Handarbeit direkt auf Büttenpapier gedruckt. Dieser wird auch als „König der Reproduktionsverfahren“ angesehen, da er echte Halbtöne erzeugen kann und ohne künstlichem Raster auskommt. 

Der Halbton bezeichnet im Druckbereich eine Mischung aus einem Vollton und der Farbe Weiß oder auch aus einem Grauwert, der durch die Mischung von Schwarz und Weiß entsteht. Viele Druckverfahren sind nicht in der Lage, echte Halbtöne zu produzieren. Darum werden hier Halbtöne gerastert. Dies ist zum Beispiel beim Offsetdruck der Fall. Diese Druckverfahren produzieren gerasterte Bilder, die Halbtöne lediglich vortäuschen. 

Wie der Name schon sagt, wird beim Lichtdruck mit Hilfe von Tageslicht oder künstlichem Licht gedruckt. Hierbei macht man sich die Eigenschaft von Gelatine zum Vorteil, durch ihre Behandlung mit bestimmten Salzen unter Lichteinfluss die Oberfläche zu verändern und so Farbe aufzunehmen oder zu absorbieren. Das Licht fungiert bei der Druckplattenherstellung hier ähnlich dem „Zeichenstift der Natur“, indem es das zu druckende Motiv in die Gelatineschicht härtend „einschreibt“. 

Der komplexe Herstellungsprozess verlangt von den Druckern ein hohes Maß an Erfahrung und Gespür für die handwerklich sensible Technologie, um die „lebendige Substanz“ Gelatine als Druckvorlage entsprechend zu „formen“ und damit dem gedruckten Werk schließlich eine möglichst dem Original getreue Gestalt zu geben.

Als Druckform dient eine Glasplatte, welche mit einer Emulsionsschicht aus Gelatine und lichtempfindlichen Salzen versehen ist. Über deren Belichtung wird ein chemisch differenzierter Gerbungsprozess ausgelöst, wobei die kräftiger belichteten und damit intensiver gehärteten Stellen der Gelatineschicht die Druckfarbe stärker annehmen und an das zu bedruckende Papier in entsprechender Intensität abgeben. Bereits während der Druckplattenherstellung bildet sich ein feines Gelatinerelief, das sogenannte Runzelkorn, als Charakteristikum des Lichtdrucks heraus. Als farbführendes Druckelement ist es für die rasterlose Tonwertzerlegung verantwortlich und bewirkt die für den Lichtdruck typische hohe Auflösung, die selbst von modernen Elektronenrastern unerreicht bleibt. 

Durch die verlustfreie Druckqualität gilt der Lichtdruck als die edelste und vollendetste Reproduktionstechnik. Allerdings bedeutet dies auch, dass der zeitliche sowie monetäre Aufwand im Vergleich zum heute gegenwärtigen Digitaldruck und Offsetdruck deutlich höher ist.

Beim Digital- und Offsetdruck wird – im Gegensatz zum Lichtdruck - die Farbe durch Farbpunkte oder Raster (ganz feine Siebe) aufgetragen. Dies ist jedoch immer mit einem Qualitätsverlust verbunden.  

Der Lichtdruck war um das Jahr 1900 verbreitet und wurde vor allem zur Illustration von Büchern oder für das Bedrucken von Postkarten eingesetzt. Es waren anfangs keine Verfahren bekannt, die Zeichnungen, Gemälde oder Fotografien in vergleichbarer Qualität wiedergaben. 

Nachdem die Verbreitung des Verfahrens in der Mitte des 20. Jahrhunderts allmählich zurückging, wurde es außerhalb des unmittelbaren künstlerischen Bereichs noch zur Faksimilierung von Kunstwerken wie Gemälden, mittelalterlichen Handschriften und Urkunden verwendet. Hierfür war die Wiedergabequalität unerreicht. 

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VORBEREITUNG DER DRUCKPLATTE 

 

Als Druckformträger dient eine etwa 8 bis 10 mm starke Glasplatte. Nachdem die Platte vorgewärmt und nivelliert wurde, erhält sie nacheinander zwei unterschiedlich dünne Schichten aufgegossen. Während die grundierende dünnere Haftschicht noch keinen Sensibilisator enthält, besteht die dicker aufgetragene Kopierschicht aus Gelatine und dem Sensibilisierungsmittel, einem Chromsalz. Danach wird die Platte wieder getrocknet und abgekühlt. Hierbei bildet sich durch die Spannungen in der Gelatinehaut die Runzel-kornstruktur heraus.  

 

BELICHTUNG

 

Mit einer starken Lichtquelle erfolgt der Belichtungsvorgang im Kopierrahmen im direkten Kontakt mit einem seitenrichtigen Halbtonnegativ, das als Ausdruck eines Tintenstrahldruckers auf Folie zuvor angefertigt wurde. Um die feinen Nuancen der Lichter und Schatten auf die Gelatineschicht übertragen zu können, erfordert das Negativ eine sorgsame und auch fachkundige digitale Retusche mittels Bildbearbeitungsprogrammen.

 

Für den Farbdruck wiederum wird für jede notwendige Farbe eine Druckplatte hergestellt und demzufolge je Farbe auch ein entsprechendes Negativ benötigt. Aufgrund der Belichtung erfolgt eine Gerbung (Härtung) der Gelatineschicht an den belichteten Stellen. Dadurch verliert die Gelatine je nach Grad der partiellen Härtung ihre Quellfähigkeit sowie ihre Löslichkeit in Wasser. Auf der Gelatineplatte entsteht so durch Lichteinwirkung ein latentes positives Bild.

 

AUSWÄSSERUNG, TROCKNUNG UND FEUCHTUNG

 

Anschließend wird die belichtete Platte in kaltem Wasser gewässert, um die unbelichteten Chromsalze auszuwaschen und damit an diesen Stellen die Gelatineschicht entsprechend aufquillt. Danach muss die Platte gut durchtrocknen. Die getrocknete Platte wird wieder angefeuchtet, diesmal mit einer Glyzerin-Wasser Mischung, um zu verhindern, dass sie die Feuchtigkeit vorzeitig wieder abgibt.

 

Die Gelatine quillt nun entsprechend der Intensität der Gerbung wieder auf und erlangt dadurch ihre differenzierte Farbaufnahmefähigkeit. Wobei die unbelichteten und ungegerbten Stellen die Feuchtigkeit aufnehmen, somit aufquellen und später die Druckfarbe abstoßen, jedoch die belichteten und gehärteten Stellen sich je nach Gerbungsgrad wasserabweisend verhalten und so die viskose Farbe annehmen.  

 

DRUCKVORGANG

 

Der Druckvorgang erfolgt auf einer Reiberpresse. Als Bedruckstoff wird Büttenpapier verwendet.

Die so genannten Lichtdruckfarben sind sehr reich an licht- und wasserechten Pigmenten, leinöl- und firnishaltig und somit viskos. Der Farbauftrag kann durch die Reihenfolge der Farben, die Häufigkeit des Einfärbens oder den Härtegrad der Walzen beeinflusst werden. Ebenso sind Korrekturen der Farbannahme an der Druckplatte durch partielle Feuchtungen oder diverse chemische Behandlungen möglich.

 

Die endgültige Farbmischung entsteht jedoch erst auf dem Druckbogen. Farbtöne, Farb-auftrag und Papierton bestimmen dabei die Anmutung des Werkes.  

Die Druckergebnisse sind besonders von der Reaktion der organischen Komponente Gelatine sowie einer Vielzahl von Faktoren wie der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit, jedoch im Wesentlichen von den Erfahrungen der Drucker abhängig, was eine Standardisierung dieses Verfahrens ausschließt.  

 

Das Herausfinden der richtigen Rezeptur für die Zusammensetzung der Schicht, der idealen Temperatur und Luftfeuchtigkeit, der jeweils notwendigen Belichtungszeit, der richtigen Walze, der idealen Art des Einwalzens, der idealen Konsistenz der Farbe; dies sind die Parameter, die über den Erfolg oder das Scheitern eines Lichtdrucks entscheiden. Gerade diese kreative Möglichkeit der Beeinflussung erweist sich für den künstlerischen Bereich jedoch als besonders interessant.

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